Viele Menschen kamen am Freitag zusammen, trauerten um den getöteten Journalisten Mathias Puddig – und machten ihrem Unmut Luft. Nach einer Ansprache durch eine Vertreterin von Changing Cities und einigen Minuten des Innehaltens und der Trauer setzte sich der Demonstrationszug des ADFC in Richtung Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur in Bewegung.
Tagesspiegel
Dieser Unfall mit einem LKW entspricht nicht dem typischen Muster des rechtsabbiegenden LKW-Fahrers und einem dabei getöteten Fußgänger oder Radfahrer. Er zeigt jedoch wieder einmal mehr als deutlich das zerstörerische Potential von schweren Kraftfahrzeugen auf. Bordstein, Farbe und Poller bieten im Regelfall einen gewissen Schutz – wenn sie nicht gerade völlig zugeparkt sind. Dieser Regelfall war hier und bei anderen von der Straße abgekommenen Kraftfahrzeugen aber nicht gegeben.
Auch aus diesem Grund sprechen wir uns nicht nur für sicherere Kreuzungen und möglichst geschützte Radverkehrsanlagen entlang aller Hauptverkehrsstraßen, wie vom Mobilitätsgesetz vorgesehen und beispielsweise an der B96A stückweise umgesetzt. Es braucht auch eine verkehrsplanerische Entflechtung des LKW-, KFZ-, Fuß- und Radverkehrs, verschiedene Hauptrouten und Verkehrsnetze für verschiedene Verkehrsträger.
Dies war eine der grundlegenden Prämissen für die Ausgestaltung des Radnetzplanes der Verbände in Treptow-Köpenick. Das Vorrangnetz des Radverkehrs sollte, soweit irgend möglich, vom KFZ- und speziell dem LKW-Verkehr räumlich getrennt werden. Dies macht kreative Lösungen, etwa neue Ingenieursbauwerke wie Brücken und Bahnunterführungen, aber auch die Einbeziehung regionaler Radrouten bei Planungsvorhaben nötig.
Es geht aber auch schnell und billig: Verkehrsberuhigung, Flächenumverteilung und Verhinderung von Durchgangsverkehren sind effektive Maßnahmen, um sichere Routen für den Radverkehr zu schaffen. Möglichkeiten gibt es mehr als genug, beispielsweise Diagonalsperren im Rahmen von Superblocks, Umwandlung von Parkplätzen oder die Reduzierung von KFZ-Fahrbahnen durch Umwidmung zu geschützten Radstreifen.
Grundsätzlich sind auch der generelle Rückbau von Straßen bzw. deren weitgehende Umwidmung, zum Beispiel zu grünen Mulden zur Klimafolgenanpassung, sinnvolle Optionen. Denn es gilt: Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten. In der Umkehrung heißt dies: Wer LKW-Verkehr reduzieren will, der muss diesem Straßenraum nehmen, ihn möglichst unattraktiv machen.
Zusätzlich zur Umverteilung von Flächen sind weitere Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung und der Verlagerung von LKW-Fahrten auf Schiene, Wasser und zu einem gewissen Anteil auch auf Leichtfahrzeuge wie E-Lastenräder essentiell. Es bieten sich im Besonderen intermodale Lösungen an, die verschiedene Verkehrsträger sinnvoll miteinander verbinden. Ebenso wichtig sind gute Arbeitsbedingungen für Berufskraftfahrer. Stress, Müdigkeit und Termindruck sind vermeidbare Risikofaktoren. Hierfür setzt sich auch der Arbeitskreis Wirtschaftsverkehr des ADFC-Berlin ein.
Ob dieser spezielle Unfall durch diese Maßnahmen hätte verhindert werden können, wissen wir nicht. Wichtige Schritte auf dem Weg zu einer echten Mobilitätswende und zur Vermeidung zukünftiger tödlicher Unfälle sind sie in jedem Fall.