Wieder ist ein Radfahrer im Berliner Straßenverkehr ums Leben gekommen, diesmal am östlichen Stadtrand unseres Bezirks. Es handelt sich um die dritte Mahnwache für einen getöteten Radfahrenden in zwei Wochen.
Der Radfahrer ist offenbar aus dem Birkenweg kommend auf den Alten Firscherweg gelangt und wurde dort von einem Pkw-Fahrer überfahren. Der genaue Unfallhergang ist noch ungeklärt.
Diese Wege sind für Freizeit- wie Alltagsradverkehr von großer und zunehmender Bedeutung. Zugleich gilt auf dem Alten Fischerweg, ebenso wie auf der angrenzenden Straße nach Fichtenau und der Ingeborg-Hunzinger-Straße Tempo 50.
Es ist bekannt, dass die schwere der Folgen von Unfällen mit einer Geschwindigkeitssenkung von 50 auf 30 km/h um ein Mehrfaches abnimmt. Mit dem ebenfalls deutlich kürzeren Bremsweg bei 30 km/h ließen sich viele Unfälle gänzlich vermeiden – möglicherweise auch dieser. Zumindest aber wären die Unfallfolgen wohl geringer ausgefallen.
Auch der Fall der durch einen Pkw-Fahrer 2018 auf einem Zebrastreifen im nahen Wilhelmshagen getöteten Seniorin im Rollstuhl hätte bei Tempo 30 möglicherweise vermieden werden können. Die auch auf Druck des ADFC seitdem angeordnete Fußgängerampel ist noch immer nicht installiert, für Tempo 30 vor einer Seniorenresidenz und einer großen Behinderteneinrichtung sehen die Verantwortlichen offenbar keine Veranlassung.
Ganz anders in Spanien, wo flächendeckend Tempo 30 eingeführt wurde.
Demo und Mahnwache
10.06.2021 (Donnerstag)
16:00 Uhr
Start der #VisionZero-Demo
ADFC-Velokiez, Möckernstraße 47, Kreuzberg
#VisionZero-Demo nach Rahnsdorf (Köpenick) zum Unfallort in der Straße Alter Fischerweg
17:30 Uhr
Mahnwache und Geisterrad-Aufstellung
am Unfallort in der Straße Alter Fischerweg (ca. 500 m nördlich des S-Bhf. Rahnsdorf)
Presse- und Polizeimeldungen
Polizeimeldung „Radfahrer tödlich verletzt“
https://www.tagesspiegel.de/berlin/toedlicher-unfall-in-berlin-rahnsdorf-radfahrer-verstirbt-nach-zusammenstoss-mit-pkw/27264240.html
https://www.moz.de/lokales/erkner/polizei-radfahrer-bei-unfall-zwischen-berlin-rahnsdorf-und-schoeneiche-toedlich-verletzt-57293641.html
Lieber ADFC,
diese rechtsstaatliche Gesellschaft hat uneingeschränkt verbindliche Regeln für das Verhalten im öffentlichen Straßenverkehr aufgestellt, um Schäden, vor allem an Gesudheit und Leben der Vekehrsteilnehmer sicher zu vermeiden. Dazu gehört unter anderem, daß sich JEDER vor dem Befahren einer Vorfahrtsstraße vergewissert, daß dies ohne Gefährdung und ohne vermeidbare Behinderung selbst und anderer Verkehrsteilnehmer, also schadlos
möglich ist. Diese Regeln sind in sich schlüssig und sie sind wirkungsvoll, wenn die Verkehrsteilnehmer sie beachten. Diesem Rechtsgrundsatz bemißt der ADFC in seinen Veröffentlichungen nur geringe bis keine Bedeutung bei, was aus meiner Sicht Sabotage an Gesundheit und Leben der Verkehrsteilnehmer ist. Der ADFC fördert auf diese Weise leichtfertig regelwidriges Verhalten und damit die Selbstgefährdung der zweirädrigen Verkehrsteilnehmer, deren Wohl angeblich sein vordringliches Anliegen ist. Es scheint den ADFC ebensowenig zu interessieren, daß durch leichtfertiges, regelwidriges Verhalten seiner Schützlinge auch andere Verkehrsteilnemer ins Unglück gestürzt werden, Er sollte endlich in seinen Äußerungen dem Beachten der rechtsverbindlichen Regeln für das Verhalten im öffentlichen Straßenverkehr durch seine Schützliche die zwingend erforderliche Aufmerksamkeit schenken, anstatt an behördlichen Maßnahmen herumzukritteln! Eine Reduzierung von 50 auf 30 verhindert keinen Unfall, wenn die Regeln mißachtet werden. Der ADFC sollte sich schämen, von einer Reduzierung zu reden! Es ist JEDER Unfall zu vermeiden, und zwar VOR ALLEM durch REGELGERECHTES Verhalten! Diesen Grundsatz nicht an die erste Stelle zu stellen, ist rechtswidrig mit Gefährdung von Gesundheit und Leben ALLER Verkehrsteilnehmer!
Uwe Beutel, Berlin-Mitte
Hallo Uwe, danke für deine starke Meinung!
Über dieses Thema läßt sich viel streiten, daher nur einige kleine Gedanken von mir:
Als Radfahrer bin ich täglich auf 2 Rädern unterwegs. Ich kenne keine Ampelkreuzung, an der einige Autofahrer nicht noch bei „Kirschgrün“ über die Kreuzung fahren. Vor der Ampelkreuzung wird nur von jedem zweiten Autofahrer geblinkt – geblinkt wird von den anderen meist erst während des Abbiegevorgangs. Wenn dann ein Autofahrer beim rechtsanbiegen anhält, um auf Fußgänger und Radfahrende „Rücksicht zu nehmen“, stellt er sich oft mitten auf den Radweg … vermutlich in der Absicht, den folgenden Autos die freie Geradeausfahren zu ermöglichen. Usw. Usw.
… diese Regelverstöße sind so alltäglich, das diese trotz optimaler Voraussetzungen (Nummernschild des Autos) fast nie verfolgt werden, sondern maximal als „Kavaliersdelikt“ wahrgenommen werden.
Ich will aber kein Autofahrer-Bashing betreiben – worum es mir geht: es gibt KEINE Gruppe von Verkehrsteilnehmern, die sich regelgerecht verhält. Regelwidriges Verhalten ist (leider) überall die Regel – nicht die Ausnahme.
Wir werden mit der Diskussion über Regelverstöße leider keine Verkehrstoten verhindern können. Wir können auf dieser Basis nur zusätzliche Sicherungssysteme im Alltag integrieren. Diese Sicherungen müssen idealerweise auch bei Regelverstößen das Überleben der Menschen sichern.
Leider sind fast alle Sicherungssysteme (Airbag, Überrollbügel, Knautschzone, …) nur auf das Überleben von Autoinsassen angelegt – nicht auf das Überleben von Unbeteiligten (Beispiel SUV: extra schwer, extra steif, extra stark).
Was dein Geschwindigkeitsargument betrifft: bitte schau dir an, wieviele Autos tatsächlich maximal 50 km/h fahren – es dürften nicht viele sein.Eine Halbierung der Geschwindigkeit würde aber die Reaktionsmöglichkeit um ein Vielfaches erhöhen. Und damit auch die Überlebenschance der schwächeren Verkehrsteilnehmer erhöhen.
Hallo Andreas, danke für Deine sachlich hinweisende Antwort!
Am 27.05.2021 verlosch in der Frankfurter Allee/Samariterstraße ein 37 Jahre junges Leben. Traurig und tragisch zugleich, denn es war dreifach geschützt: Erstens darf eine durchgezogene Trennlinie nicht zum Fahrspurwechsel überfahren werden, und wenn doch, ist zweitens der Kontroll-„Schulter“-Blick wegen des notwendigen Freiraumes gefordert und drittens muß den anderen Verkehrsteilnehmern rechtzeitig die Spurwechselabsicht angezeigt werden.
Die Radfahrerin wich wegen eines Hindernisses auf die Nebenspur aus, stieß an den hinteren Teil eines dort fahrenden LKW und stürzte. Sie hatte keine der drei Regeln beachtet, die sie vielleicht gar nicht kannte und auch niemals bedacht hatte, deren Beachtung ihr aber das Leben erhalten hätte.
Ich fahre seit über 50 Jahren Rad und hätte niemals eine Fahrspur „blind“ gewechselt, ein rechts abbiegendes Fahrzeug rechts überholt oder wäre aus einem Waldweg heraus leichtfertig auf eine Vorfahrtsstraße gefahren. Für uns waren Verantwortungsbewußtsein und Disziplin sowie Aufmerksamkeit, Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme die Grundforderungen für das Verhalten im Straßenverkehr.
In dieser Gesellschaft gibt es keine Grundforderungen, sondern nur den Hinweis: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht (§1 StVO). Die staatlichen Verwaltungen kümmern sich einen Dreck um die praktische Umsetzung dieser ihrer Vorschrift, und hier liegt das Übel: Das machen andere, wenn auch mit anderer Zielsetzung und folglich mit anderer Wirkung.
Stellvertretend 5 Beispiele zum eingangs genannten Unglücksfall:
(www.tagesspiegel.de) Lieferwagen stand auf Radweg: Radfahrerin stirbt bei Unfall in …
(www.focus.de) Berlin: Radweg zugeparkt – Junge Radfahrerin von Lkw überrollt …
(www.t-online.de) Berlin: Von Lastwagen überrollt – wieder tödlicher Unfall mit …
(www.bz-berlin.de) Radfahrerin in Friedrichshain von Laster erfasst und getötet …
(changing-cities.org) Falschparker*in verursacht Tod einer jungen Radfahrerin …
Unglaublich!
Sicherheitssysteme und psychologische Effekte können die Folgen von Regelwidrigkeiten im Straßenverkehr nur mindern. Ihre weitgehende Vermeidung ist allein durch eine flächenendeckende und qualifizierte Förderung des Wissens, der Rücksicht und der Verantwortung im Straßenverkehr erreichbar. Der Bußgeldkatalog und Gerichtsentscheidungen leistend das überhaupt nicht. Diese Gesellschaft ist offensichtlich generell dazu unfähig.
Deshalb mein Hinweis und herzlicher Rat an alle Radler:
Es gibt kein Recht auf Vorfahrt, sondern nur eine Wartepflicht.
Nur das Beachten der Wartepflicht durch den Anderen gewährt Euch die Vorfahrt. Ihre Mißachtung durch ihn schließt Eure Vorfahrt aus.
Erzwingt sie nicht, denn das kostet Euch womöglich Gesundheit und Leben.
Ich wünsche Euch Glück bei dem ungewollten Verletzen dieser Regel, vor allem aber für das richtige Verhalten in allen Situationen.
Uwe Beutel, Berlin-Mitte